Unberührt – Kapitel 1

Jay

„Der Typ hat mir seine Bierdose so weit in den Arsch geschoben, dass ich Sterne gesehen habe. Es war unglaublich.“

Obwohl die Worte nur wenig Sinn ergaben, schoss mir bei der krassen Beschreibung eine verlegene Hitze in die Wangen.

Warum, um Himmels willen, sollte er sich eine Bierdose in den Hintern schieben lassen?

Der halb betrunkene Kerl, der auf der Couch im Gemeinschaftsraum rumlümmelte, beantwortete meine ungefragte Frage. „Versteh mich nicht falsch, es war toll. Es ist nur, dass sein Ding so dick war, dass ich seit Tagen breitbeinig durch die Gegend laufe. In Zukunft verzichte ich auf Tops mit Monsterschwänzen. Ich bleibe lieber bei denen, die einen schönen dünnen Langen haben.“

Ohhh.

„Du bist so eine Schlampe.“ Wenn ich den Tonfall der männlichen Person richtig deutete, die auf dem Boden vor der Couch sitzen musste, schien sie die Bemerkung überhaupt nicht verstörend, sondern witzig zu finden. Aber vielleicht irrte ich mich.

Ich war kein Idiot, aber manchmal verwirrten mich die Reaktionen der Leute. Vor allem, wenn es um sexuelle Dinge ging.

Und das fing schon mit der Frage an, warum sie überhaupt darüber redeten? Der Gemeinschaftsraum eines Wohnheims war kein idealer Ort, um diese Art von Diskussion zu führen. Erst recht nicht, wenn dort eine Party stattfand. Nicht, dass ich mich jemals mit jemandem über so etwas unterhalten würde.

Dennoch … Einen Penis mit einer Bierdose vergleichen? Echt jetzt?

Ohne mein bewusstes Zutun entwickelten meine Gedanken ein Eigenleben. Vor meinem geistigen Auge erschien das Bild einer dieser alten in Stein gehauenen Statuen, die ich auf Bildern gesehen hatte, und mein Gehirn ersetzte das kleine Gehänge im Schritt gegen eine Bierdose. Doch plötzlich ersetzte mein Gehirn die Bierdose gegen den Schwanz meines Zimmergenossen.

Ich sollte nicht wissen, wie Logan nackt aussah, doch ich tat es.

Ich war so erzogen worden, dass man, sobald man alt genug war, um sich alleine zu waschen, nur dann in Gegenwart einer anderen Person nackt sein durfte, wenn es sich dabei um den Ehepartner handelte. Doch im College hielt sich niemand an diese Regeln. Die Leute liefen regelmäßig halb bekleidet im Wohnheim herum. Und als sei das nicht genug, gab es Leute wie Logan.
Er war ständig nackt.

Und ich hatte keine Ahnung, was ich dagegen tun konnte.

Anders als ich war er eindeutig mit der Vorstellung aufgewachsen, dass Nacktsein … angemessen sei. Meine Eltern hatten immer gesagt, dass wir andere Menschen nicht beurteilen und sie so akzeptieren sollten, wie sie nun einmal waren. Doch ich bezweifelte stark, dass sie damit die Dinge meinten, mit denen ich mich rumschlagen musste.

Nackte Fremde.

Sexgespräche.

Sehr seltsame Sexgespräche.

Und eine Kiste mit unanständigen Sachen unter dem Bett.

Ein Teil von mir wollte meinen Eltern sagen, wie sündhaft das College war. Aber nach dem Desaster in meinem ersten Jahr wurde mir klar, dass sie vielleicht ein bisschen zu weit von der Realität entfernt waren. Also hatte ich beschlossen, es ihnen nicht zu sagen.

Die beängstigende Erkenntnis, dass alles, was man mir in Bezug auf Sexualität beigebracht hatte, einer extremen Ansicht entsprach, machte es mir nicht einfacher, herauszufinden, was ich tun sollte.

Für alle schien das College eine Zeit der Entdeckungen zu sein. Sie tranken Alkohol, gingen auf Partys, wechselten ihre Studienfächer wie ihre Unterhosen und probierten … sexuelle Dinge aus.
Und niemand schämte sich dafür oder hatte das Bedürfnis, es zu verheimlichen.

Nein, sie taten es offen und für jeden sichtbar, als wäre es das Natürlichste auf der Welt.

Alle sprachen über ihre Beziehungen, mit wem sie am Wochenende rumgemacht hatten und was sie antörnte. Okay, Logan erzählte mir nicht, worauf er stand. Doch das lag wohl eher daran, dass er mich für einen nervigen Freak hielt, als an seinem Sinn für Privatsphäre.

Nur hielt seine Aversion meine Person betreffend ihn nicht davon ab, sein Sex-Zeug in einer Kiste unter dem Bett zu verstauen.

„Hey, ich bin keine Schlampe. Er hat mich zum Essen eingeladen.“

War eine Einladung zum Essen die aktuelle Qualifikation, um keine Schlampe zu sein?

„Verdammt, es war nicht mal unser erstes Date. Wir haben uns davor sogar auf einen Kaffee getroffen. Also habe ich mich technisch gesehen erst bei unserer dritten Begegnung flachlegen lassen. Praktisch gesehen, ist es schon fast eine Beziehung gewesen.“ Der Kerl auf der Couch gluckste über seine eigene Bemerkung. „Wenn ich gewusst hätte, was für ein Hammerteil er in der Hose hat, hätte ich es mir vielleicht anders überlegt. Das verdammte Ding müsste mit einem Warnhinweis versehen sein.“

Wie der Aufdruck auf einer Tasse Kaffee, der besagte, dass sie heiß ist?

„Lügner. Wenn du gewusst hättest, wie er ausgestattet ist, hättest du dich bereits bei eurem Kaffee-Date mit heruntergelassener Hose über den Tisch gebeugt.“ Das laute Lachen des Couchtypen übertönte den Geräuschpegel der feiernden Leute.

Wahrscheinlich hätte ich in mein Zimmer gehen sollen, als sie anfingen, über Sex zu reden, doch wenn Logan nicht da war, war es mir dort zu ruhig. Ich war mit fünf Geschwistern aufgewachsen, sodass es zu Hause nie eine ruhige Minute gab. Ich hatte keine Ahnung gehabt, wie schwer es sein würde, sich an die fehlende Geräuschkulisse zu gewöhnen.

Ich hatte immer gehofft, einen Mitbewohner zu bekommen, zu dem ich eine freundschaftliche Beziehung aufbauen konnte. Nun, diese Hoffnung hatte sich nicht erfüllt. Ich hatte wütende, distanzierte und depressive Mitbewohner bekommen und sogar einen Drogenabhängigen. Keiner von ihnen hatte mit mir abhängen wollen und ehrlich gesagt, hatte ich auch keinen Wert darauf gelegt.
Jetzt teilte ich mir ein Zimmer mit Logan und hatte null Ahnung, was ich mit ihm anfangen sollte.

Jemanden wie ihn hatte ich noch nie zuvor getroffen.

„Kann sein. Aber wie auch immer, das nächste Mal werde ich vernünftiger sein.“ Der Kerl auf der Couch sagte das ohne Überzeugung, also war ich mir nicht sicher, ob er es ehrlich meinte oder nicht.

„Blödsinn“, schnaubte der Typ, der auf dem Boden saß. „Ich wette zehn Dollar, dass du in weniger als einem Monat für einen weiteren Fick vor der Tür von Mr. Monsterschwanz stehen wirst.“
Meinte er das ernst?

Wieso sollte der Typ auf der Couch noch einmal mit dem Mann zusammen sein wollen, wenn ihm noch Tage nach dem Sex der Arsch wehtat?

Logans Penis war nicht wie eine Bierdose geformt – er war länger und dünner. Wäre er dennoch zu groß, um seinem Partner oder seiner Partnerin Vergnügen zu bereiten? Würde jemand komisch laufen, nachdem er mit ihm zusammen war?

„Quatsch, das wird nicht passieren.“ Der Protest von dem Couch-Typen klang nicht besonders glaubwürdig, da in seiner Stimme ein Zögern mitschwang.

Auf den Internetseiten, die ich mir angeschaut hatte, stand, dass es beim Sex nicht auf die Größe ankam, um jemandem Lust zu bereiten. Doch offensichtlich konnten manche Penisse zu groß sein. Das College war eine ständige Quelle neuer Informationen – nur eben anders, als meine Eltern gedacht hatten.

Der Typ auf dem Boden lachte. „Netter Versuch. Ich ändere meine Wette ab. Ich wette, du hältst nicht mal zwei Wochen durch. Sobald dein Hintern nicht mehr wund ist, wirst du einen Nachschlag wollen. Verdammt. Oder ist es der Schmerz, worum es dir geht? Stehst du auf so einen perversen Scheiß wie Finn? Ich habe gehört, dass er fest mit einem der Professoren zusammen ist. Wenn du auf der Suche nach jemandem bist, der Schmerzen austeilen kann, hast du deine Chance verpasst.“

Finn?

Schmerzen austeilen?

Der einzige Finn, den ich kannte, wohnte nur ein paar Zimmer neben meinem. Er war hilfsbereit und höflich. War er etwa auch kinky? Ich versuchte, die Infopuzzleteile zusammenzusetzen. Laut dem Typen, der auf dem Boden saß, gab es eine Assoziation zwischen Finn und Schmerz und dem Austeilen von Schmerz. Als teilte Finn Schmerzen aus?

War Finn dominant?

Mein Wissen über dieses Thema war begrenzt, doch was meine Freunde Bryan und Kevin mir erzählt hatten, klang nicht so beängstigend, wie es im Internet den Eindruck machte. Die Leute taten alle möglichen Dinge in ihren eigenen vier Wänden und laut Kevin taten sie es sogar in Gruppen und in der Öffentlichkeit.

Aber Finn?

Dem Couch-Typ fiel es ebenfalls schwer, das zu glauben. „Finn? Der stille Typ, der über uns wohnt und sich ständig beim Wohnheimleiter beschwert?“

Der Typ auf dem Boden gluckste. „Jep.“

„Niemals. Der steht doch nie im Leben auf so einen Scheiß.“ Der Couch-Typ konnte sich nicht entscheiden, ob er seinem Freund glauben sollte oder nicht. „Oder doch?“

„Oh ja.“ Der Typ vom Boden hielt einen Moment inne, und wenn ich das Schlürfen richtig deutete, nahm er einen großen Schluck von irgendeinem Getränk. „Das Mädchen, mit dem ich vor ein paar Monaten zusammen war, sagte, sie hätte gehört, wie er sich mit ein paar Freunden über diesen Scheiß unterhalten hat. Er ist ein Master oder so. Wahrscheinlich hat er Peitschen und Ketten und all so ein Zeug in seinem Zimmer.“

Ich war schon in Finns Zimmer gewesen und es hatte kein Equipment herumgelegen, das darauf hindeutete, dass er auf so etwas stand. Vielleicht hatte er eine Kiste unter dem Bett wie Logan? Finn darauf anzusprechen wäre bestimmt keine gute Idee. Zumindest hatte ich das Gefühl, dass Bryan das so sehen würde.

Der Couch-Typ musste so sehr lachen, dass ihm fast die Tränen kamen. „Niemals, Mann. Nicht bei so einem Mitbewohner, wie er ihn hat. Auf keinen Fall. Das Mädchen redet Scheiße.“

„Hm … Ich weiß nicht. Sie klang sehr überzeugend. Und sie war vielleicht eine Schlampe, aber keine Lügnerin. Das ist ein großer Unterschied.“ Der Typ vom Boden hatte vielleicht recht, denn diese beiden Eigenschaften waren nicht immer miteinander verbunden. Dennoch tendierte ich mehr zu der Antwort des Couch-Typen. Es schien so unwahrscheinlich zu sein.

Auf der anderen Seite … Ich hätte mir auch nicht vorstellen können, dass Bryan auf … gewisse Dinge stand. Doch nach den merkwürdigen Bemerkungen, mit denen Kevin Bryan geneckt hatte, bestand zumindest eine geringe Chance, dass beide Jungs einen interessanten Lebensstil bevorzugten. Der Schein konnte durchaus trügen. Bryan war ein stiller, nervöser Typ, genau wie Finns Mitbewohner Ryland, also gab es vielleicht Dinge, die mir an ihnen allen nicht aufgefallen waren.

Wobei es im Grunde egal war. Sowohl Bryan als auch Finn waren hilfsbereit, und obwohl ich Bryans Beziehung zu Maddox nicht gutheißen sollte, weil sie nicht verheiratet waren und zusammenlebten, war es seine Sache, was sie hinter verschlossenen Türen machten. Und das Gleiche galt für Finn.

Meine Gedanken wanderten zu Ryland, Finns Mitbewohner. Konnte er auch einen Kink haben? Waren die beiden wie Kevin und Bryan? Freunde, die einen gemeinsamen Kinky-Lebensstil teilten? Könnten mir die beiden bei meinem Logan-Problem helfen? Vielleicht wusste Finn, wie Logan tickte und würde mir erklären können, wie ich mit der Situation umgehen sollte?

Allein an Logan zu denken, bescherte mir Kopfschmerzen, also versuchte ich, mich wieder auf das Lehrbuch vor mir zu konzentrieren. Aber mein Gehirn weigerte sich, zu kooperieren. Offensichtlich war es interessanter, etwas über das Sexualleben anderer zu hören, als sich mit der Psychologie des Unternehmertums zu beschäftigen. Dabei waren doch eigentlich beide Themen faszinierend. Doch es war nun mal Fakt, dass ich nichts zustande bringen würde, wenn ich keinen neuen Ort zum Lernen fand.

Ich klappte das Buch zu, während die beiden Jungs sich weiter unterhielten und eine Diskussion begannen, ab welcher Länge ein Penis zu lang war und auf welchen Kink Finn stehen könnte. Die Antwort bezüglich der Penislänge hätte ich gerne gehört, denn soweit ich es abschätzen konnte, lag Logans Schwanzlänge über dem, was im Internet als durchschnittlich bezeichnet wurde. Ich war kurz versucht, sitzen zu bleiben und ihrem Gespräch weiter zu lauschen. Schließlich konnte ich nicht einfach jemanden danach fragen.

Wenn ich eines gelernt hatte, dann, dass Menschen es nicht mochten, ausgefragt zu werden.

Und was das Internet anging … Es war durchaus eine gute Informationsquelle, nur fehlte oft der nötige Kontext, sodass am Ende immer noch Fragen offen waren.

Und ich brauchte diesen Kontext.

Leider gab es nicht viele Leute, die ich fragen konnte.

Finn schien zwar offen für Fragen zu sein, nur ich wusste nicht, wie ich sie stellen sollte. Dann war da noch die Sache, die die beiden Jungs erwähnt hatten. Ich war mir nicht sicher, ob es eine gute Idee wäre, mit Finn zu reden. Würde er es als beleidigend empfinden? Mit Kevin und Bryan konnte ich mich gut unterhalten, aber sie waren in letzter Zeit so beschäftigt, dass ich sie kaum zu Gesicht bekam, was nicht gerade hilfreich war.

Als ich den Gemeinschaftsraum verließ, hatte ich den Bruchteil einer Sekunde Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Links oder rechts? Treppe oder Haustür? Zimmer oder Bibliothek? Zimmer oder Coffeeshop?

Der LGBTQ-Club auf dem Campus veranstaltete morgen eine Filmvorführung. Für den Moment gab es jedoch für soziale Unternehmungen nur Partys oder irgendwo zu lernen und zu hoffen, dass ich jemanden zum Reden finden würde. Was alles andere als einfach war.

Die Leute, mit denen ich reden wollte, waren nicht diejenigen, die mit mir reden wollten.

Meine Mutter hätte die religiösen Studenten gemocht, die auf den ersten Blick zu mir zu passen schienen. Auf der anderen Seite wäre sie frustriert über ihre Intoleranz und ihre eingeschränkte Sicht auf das Universum. Was mich betraf, war ich mir nicht sicher, ob ich zu ihnen gehörte. Ich hatte zu viele Fragen, und wenn sie erfuhren, dass ich zu den LGBTQ-Treffen ging, hätte sich jede Freundschaft mit ihnen eh schnell erledigt.

Leute wie Finn und Ryland waren zwar nett und behielten ihre religiösen Ansichten für sich, aber sie waren schwer zu durchschauen. Was dazu führte, dass ich mich in ihrer Gegenwart unbehaglich fühlte. Sie machten es bestimmt nicht absichtlich, aber sie schienen einfach alles zu wissen und wenn ich mit ihnen sprach, sahen sie mich immer an, als wäre ich ein geisteskranker Freak. Es war nicht so, dass sie unhöflich waren. Wenn sie wirklich meine Freunde wären, würden sie mich nicht so distanziert ansehen.

Freunde scherzten und neckten sich, wie die Jungs, die über Bierdosen-Penisse geredet hatten, und sie sahen dich nicht an, als würdest du von einem anderen Planeten abstammen.

Oder?

Gott, das alles überforderte mich. Also beschloss ich, zurück in mein Zimmer zu gehen. Ich bahnte mir einen Weg durch die Menschenmenge und versuchte, die Musik zu ignorieren, die aus mehreren Zimmern dröhnte, als ich die Treppe hinaufging. Es wäre nicht so schlimm gewesen, wenn sie alle dasselbe Lied gespielt hätten, aber wenn aus einem Zimmer Country und aus dem anderen irgendeine Art von Techno-Musik dröhnte, war Denken unmöglich.

Darum hatte ich mir diesen Sommer zum Geburtstag Kopfhörer mit Geräuschunterdrückung gewünscht, auch wenn das zu einer frustrierenden Diskussion über meine Wohnsituation geführt hatte. Meine Eltern waren grundsätzlich dagegen, dass ich auf dem Campus wohnte, und die Probleme, von denen sie gehört hatten, bestärkten sie in ihrer Ansicht.

Ursprünglich hatten sie gewollt, dass ich das kleine christliche College besuchte, dass sich eine Stadt weiter befand, aber die Schule hegte keine große Sympathie für die Leute aus unserer Gemeinde und zu meinem Glück gab es dort kein Wirtschaftsprogramm, das so umfassend war, dass ich die gewünschten Kurse belegen konnte. Und so landete ich hier und bekam die Freiheit, nach der ich mich sehnte. Doch statt mein Leben zu erleichtern, hatte es alles nur komplizierter gemacht.

Meine Eltern hatten sogar versucht, eine kleine Wohnung für mich zu finden, weil sie der Meinung waren, dass in den Wohnheimen Sünder und Verrückte lebten. Womit sie nicht unrecht hatten, wenn man ihre Definition zugrunde legte. Ich hingegen fand einige der Sünden … interessant.

Ich war froh, dass ich nicht hatte lügen müssen, als ich die Sommerferien zu Hause verbracht hatte. Ehrlich sagen zu können, dass ich nichts Sündiges getan hatte, war eine Erleichterung und gleichzeitig frustrierend. Woher sollte ich wissen, was mir in sexueller Hinsicht gefiel, wenn ich niemanden hatte, mit dem ich es erkunden konnte?

Sündigen war viel schwieriger, wenn man es allein tat.

Als ich mein Zimmer erreichte und die Tür aufschloss, war ich bei der Frage angekommen, ob es wirklich Sünde wäre, jemanden zu küssen und herauszufinden, wie ich tickte … was ich mochte?
Auch ohne eine körperliche Beziehung mit jemandem zu haben, wusste ich, dass ich schwul war. Die Mädchen in unserer Gemeinschaft reizten mich überhaupt nicht. Also hatte ich eins und eins zusammengezählt. Natürlich wäre es hilfreich gewesen, wenn ich Erfahrungen hätte sammeln können, bevor ich aufs College ging.

Als ich aufwuchs, drehte sich jedes Gespräch über Sex immer darum, dass ich damit warten musste, bis ich die Person fand, die mein Ehe- oder Lebenspartner werden würde, bevor die schwulen Mitglieder der Gemeinschaft legal heiraten konnten. Abgesehen von ein paar grundlegenden anatomischen Erklärungen, die sehr unbeholfen waren, gab es keine anderen Informationen zu dem Thema.
Beziehungen schienen sich darauf zu beschränken, herauszufinden, ob man Jungs, Mädchen oder beides mochte, und dann zu warten, bis Gott einem die richtige Person zuführte, damit man sie heiraten konnte. Das Werben half einem, herauszufinden, was Gott wollte. Alles in allem kam es mir sehr kompliziert vor.

Der Rest der Welt dachte, dass es komplexer war, und ich stimmte ihnen zu. Aber mir fehlten zu viele Informationen, um wirklich etwas damit anfangen zu können.

Woher hätte ich wissen sollen, dass es so etwas wie Spanking gab und dass sich die Menschen den Hintern versohlten, weil es sich gut anfühlte, oder dass es alle möglichen Arten von Beziehungen gab, die sich stark von der meiner Eltern unterschied? Sie hatten mir immer den Eindruck vermittelt, dass unsere Gemeinschaft zwar einige konservative Überzeugungen vertrat, aber auch sehr fortschrittlich war, da wir Menschen aller Art willkommen hießen. Ich konnte mich an keine Zeit erinnern, in der es nicht eine Vielzahl von Rassen und Beziehungen in der Gemeinde gegeben hätte. So kam es, dass mir nicht auffiel, dass sie einige Dinge akzeptierten, andere hingegen völlig ausgrenzten.

Zum Beispiel das, was Logan zu wollen schien.

Ich warf meine Bücher auf den Schreibtisch, seufzte und drehte mich zu Logans Bett um. In letzter Zeit dominierte es irgendwie das Zimmer, auch wenn es sich mit seinem schlichten blauen Bettbezug kaum von meinem unterschied. Aber es war nicht wirklich das Bett, das es mir unmöglich machte, den Blick davon abzuwenden. Nein, es war das, was sich darunter befand.

Die Kiste.

Logan hatte sie nie versteckt, noch schien er sich deswegen zu schämen. Er war einfach Logan. Ein herrischer, nackter, verwirrender Logan mit einer Kiste voller Dinge unter seinem Bett, die ich einfach nicht zuordnen konnte. Ich schaute zur Tür. Hatte er gesagt, wann er zurückkommen würde?

Er war nicht der schlechteste Zimmergenosse, den ich je hatte. Er war immer zu den richtigen Tageszeiten wach und im Allgemeinen nüchtern. Ich hatte ihn nur einmal leicht angetrunken erlebt, und ich hatte ihn nie Drogen nehmen sehen. Ich hätte erleichtert sein sollen, aber nur weil er kein Säufer oder Junkie war, hieß das noch lange nicht, dass das Zusammenleben mit ihm einfach war.

Er hatte sehr klare Regeln, was das Anfassen seiner Sachen anging.

Auch wenn ich nicht verstand, warum es so war, juckte es mich ihn den Fingern, der Versuchung nachzugeben. Vielleicht würde ich das alles besser verstehen, wenn ich es mir noch einmal ansehen würde. Beim letzten Mal hatte Logan mir einen Vortrag gehalten, der über Privatsphäre und Grenzen nicht überschreiten ging.

Und er hatte es nackt getan.

Völlig nackt.

Wenn ich Grenzen respektieren sollte, dann sollte er gefälligst seine Sachen anbehalten.

Oder sah ich das falsch?

Langsam ging ich zu Logans Bett und kniete mich hin. Ich würde mich beeilen. Ein kurzer Blick würde nicht schaden. Vorsichtig zog ich die Holzkiste heraus, hob den stabilen Deckel an und erlaubte mir einen weiteren Blick.

Da war es.

Nun ja, es war nicht nur ein Teil darin. Mein Blick hing wie gebannt an der Maske, die in der Mitte der Kiste lag. Alles andere trat in den Hintergrund. Es war, als ob die Maske mich bezirzte, wie ein Sirenengesang, der alles andere ausblendete, egal wie faszinierend es vielleicht war.

Das Rot und Gold der Pup-Maske verleiteten mich dazu, die Hand auszustrecken und sie anzufassen. Ich wusste, dass ich es nicht tun sollte. Sie gehörte mir nicht, und ich wusste, dass ich nicht einmal neugierig darauf sein sollte. Doch ich konnte nicht widerstehen. Durch meine Gespräche mit Kevin und Bryan wusste ich, was die Maske bedeutete. Nur war es irgendwie ein großer Unterschied, sie im Internet auf einer Kink-Webseite zu sehen oder sie direkt vor sich zu haben.

Ich hatte keine Erklärung dafür, warum das so war.

Das laute Zuschlagen einer Tür im Flur riss mich aus meiner Faszination. Ich knallte den Deckel zu. Zum Glück war das Geräusch wegen der Musik, die ein Stockwerk tiefer den Boden des Zimmers zum Vibrieren brachte, kaum zu hören. Rasch schob ich die Kiste zurück unter das Bett und ging zu meiner Seite des Zimmers.

Irgendwie schien Logan es immer zu wissen, wenn ich sie berührt hatte.

Jedes Mal betrachtete er mich mit einem Blick, den ich nicht so recht entziffern konnte, und fuhr sich frustriert durch die Haare, und wenn er mir einen seiner Vorträge hielt, verkrampfte sich mein Magen. Ich hatte es nie gemocht, wenn ich zu Hause bestraft wurde, aber Logan hatte etwas an sich, das es noch schlimmer machte … oder vielleicht auch nur anders.

Ich setzte mich an meinen Schreibtisch. Ich war auf dem College, um zu lernen, also sollte ich mich darauf konzentrieren. Doch dummerweise war da die Stimme in meinem Kopf, die mir sagte, dass man manches nur lernte, wenn man sich traute, die richtigen Fragen zu stellen.

Want to read the rest?

Das ungewöhnliche Familienkonstrukt, in dem Jay aufwächst, erschwert ihm die Eingewöhnung am College immens. Das Einzige, was ihm leichtfällt, sind die Kurse. Während alle um ihn herum instinktiv zu wissen scheinen, was sie tun und wer sie sind, fühlt er sich jeden Tag mehr verloren und allein. Doch das ändert sich, als sein neuer Zimmergenosse sein Leben völlig auf den Kopf stellt und ihm eine Welt voller ungeahnter Möglichkeiten offenbart.

Auch Logan ist in keiner Familie aufgewachsen, die der herkömmlichen Norm entspricht. Dadurch hat er schon als Kind einen umfassenden Blick auf das Leben und all die Möglichkeiten, die es bietet, bekommen. Mit Eltern, die ständig wie Nomaden um die Welt reisen, und einer übermäßig aufgeschlossenen Großmutter denkt Logan gar nicht daran, zu verstecken, welchen Lebensstil er bevorzugt oder was er sich von einer Beziehung wünscht. Als er seinen neuen unbedarften Mitbewohner kennenlernt, der keine Grenzen kennt und seine Nase unerlaubt in eine bestimmte Kiste steckt, die unter Logans Bett steht, ist seine Neugier geweckt.

Als die beiden herausfinden, dass sie mehr gemeinsam haben, als es auf den ersten Blick den Anschein hat, lernen sie, dass anders sein nicht schlecht sein muss und es einfach ist, sich zu verlieben, sobald die Mauern, die sie voneinander trennen, erst einmal aus dem Weg geschafft sind.

Author's Note:

Die Story beinhaltet folgende Themen: einvernehmliche sexuelle Handlungen zwischen zwei volljährigen Männern, BDSM-Elemente, Spanking, Puppyplay.

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